In der vergangenen Woche erreichte uns der Hilferuf des Teams vor Ort. Immer mehr Kinder suchen Schutz im home of happiness, weil sich die Situation in den Familien zuspitzt: es ist schlicht nicht genug Essen für alle da. Wir dürfen die Kinder jetzt nicht allein lassen!
Die meisten Menschen im ländlichen Uganda haben einen kleinen Gemüsegarten, über den sie sich selbst versorgen. Nachdem aber erst heftige Regenfälle und dann eine starke Dürre die Erträge zunichte gemacht haben, konnte kaum Ernte eingeholt werden. Die Lebensmittelpreise sind coronabedingt explodiert, Grundnahrungsmittel daher für viele zum Luxusgut geworden.
Uganda befindet sich noch immer in einem sehr strikten shutdown. Weil Schulen geschlossen sind und die meisten Geschäfte ebenfalls, ist die gesamte Familie zu Hause - ohne Einkommen. Die Lebensmittelpakete, die unser Team vor Ort einmal wöchentlich verteilt, mussten wir daher schon aufstocken, weil die Familien gar nichts zu essen haben. Eigentlich war unsere Hilfe ja nur dafür gedacht, das zu kompensieren, was durch die Aufnahme der Kinder entsteht. Weil diese care Pakete aber das Einzige waren, was die Familien bekamen, reichte es nicht für alle. Viele Familien konnten gerade mal eine Mahlzeit am Tag zubereiten, manchmal auch nur Hafergrütze.
Viele Kinder leiden Hunger. Immer mehr von ihnen suchen Zuflucht im home of happiness. Sicher auch, weil die Situation zu Hause schon vorher angespannt war. Nicht ohne Grund sind sie ja im Schul- und Waisenzentrum aufgenommen worden. Kinder, die von häuslicher Gewalt bedroht waren, durften mit Ausrufen des Ausnahmezustandes im Center bleiben. Alle anderen, deren Leben nicht akut in Gefahr war, mussten zurück zu Angehörigen. Häufig handelt es sich um Großeltern oder entfernte Verwandte. Die mussten aber noch nie über so lange Zeit für die Kinder sorgen. Sie konnten ja gerade so sich selbst über Wasser halten. Angesichts der gravierenden Nahrungsmittelknappheit steigt die Zahl der Kinder, die zu Hause nicht mehr gut aufgehoben sind.
In den Dörfern rund um das home of happiness herum sind immer mehr Todesfälle auf Grund von Unterernährung zu verzeichnen. Mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln können wir die Not der Menschen nicht lindern. Wir stellen aber (Trink-)Wasser kostenlos zur Verfügung. Das nimmt die Bevölkerung sehr dankbar an. Anfangs konnten wir auch den Ärmsten aus dem Dorf noch mit Lebensmittelspenden helfen. Aktuell ist das nur eingeschränkt möglich.
Da der Schulbetrieb aber weiterhin ausgesetzt ist, fehlt den Kindern der sichere Ort. Schule war immer auch gleichbedeutend mit 3 Mahlzeiten am Tag und einem Bett. Jetzt leben sie unter teilweise erbärmlichen Verhältnissen mit 10 Personen auf 30 m² Lehmhütte, schlafen auf dem nackten Boden, trinken verdrecktes Wasser und haben keine Toilette.
Was wir von den Kindern und unseren Mitarbeiter*innen vor Ort erfahren, ist schwer vorstellbar und schwer auszuhalten. Bei den wöchentlichen Besuchen geraten auch die Mitarbeiter*innen immer mehr unter Druck. Eben weil der Hunger so groß ist, wird die Fahrt mit dem wertvollen Gut Nahrung für sie zu einer Gefahr.
Immerhin bringen die Lehrkräfte seit einigen Wochen auch Schulmaterial zu den Kindern. Denn gerade gepaart mit Langeweile wird Hunger noch unerträglicher. So können sie sich zumindest mit Schulaufgaben ablenken. Aber sie vermissen den Unterricht, sie wollen lernen! Und auch die Lehrkräfte würden so gern unterrichten, dürfen es aber nicht. So bleiben nur die aufwändigen Fahrten über Trampelpfade zu den Haushalten der Kinder, bei denen sich die Mitarbeiter*innen dann auch immer viel Zeit für Gespräche nehmen. Mittlerweile fällt es ihnen schwer, wieder aufzubrechen, denn die Kinder rennen ihnen weinend hinterher, krallen sich an ihnen fest und wollen nicht zu Hause bleiben.
Angesichts der Situation benötigen wir aktuell deutlich mehr Geld pro Monat für die Versorgung der Kinder. Könnten wir alle Kinder wieder im home of happiness betreuen, lägen die Kosten deutlich niedriger, auch weil dann Fahrtkosten wegfielen. Aber die Aufnahme aller Kinder ist untersagt. Aktuell behelfen sich die Verantwortlichen vor Ort damit, dass sie von Härtefallregelungen Gebrauch machen, um die Ärmsten der Armen aufzunehmen. Aber das Leid derer, die nicht aufgenommen werden, ist aus unserer Sicht nicht weniger groß.
Internationale Hilfen gelangen nicht bis zu den Familien ins Dorf. Auch wenn die Regierung Lebensmittelspenden für Bedürftige angekündigt hat, verpuffen diese in den Städten oder den regierungsnahen Kreisen. Für die Landbevölkerung gilt das Gebot der Selbstversorgung. In früheren Krisen konnten sie damit auch gut überleben. In dieser Krise nicht.
Angesichts der Not vor Ort können wir unserem eigentlichen Bildungsauftrag nur bedingt nachkommen. Die Nothilfe wird während der Pandemie viel stärker gebraucht. Wir als Vorstand können nicht einfach zusehen, wie die Kinder Hunger leiden. Daher haben wir uns entschieden, in dieser Form zu helfen und uns auch um das Überleben der Kinder in den Haushalten zu kümmern. Dazu brauchen wir Unterstützung.
Für uns ist es ein großes Spannungsfeld, in dem wir uns gerade bewegen. Hier in Deutschland kehr Normalität in so großen Schritten ein: Manche beschäftigen sich gerade mehr mit der Frage ob sie nun lieber Eis essen oder ins Schwimmbad sollen. Wenn ich überlege, dass wir mit dem Geld vor Ort wieder eine Familie mehrere Tage lang satt bekämen, ist das manchmal schon ein schwieriges Abwägen. Natürlich sind auch hier gravierende Folgen der Pandemie zu spüren bzw. werden noch auf uns zukommen. Aber alle Not, die wir hier erleben ist relativer Natur. In Uganda kämpfen die Menschen gerade ums nackte Überleben. Das lässt uns als Verein nicht kalt und lässt uns mit Hochdruck daran arbeiten, Spenden zur Krisenbewältigung aufzutreiben. Denn eins hat unser Einsatz in den vergangenen 16 Jahren ja gezeigt: die Investition in sichere Unterbringung und Bildung lohnt sich. Die Kinder haben eine positive Entwicklung gemacht, ihre Zukunftschancen haben sich verbessert. Wir haben Ort die Entwicklung von Infrastruktur angestoßen und geben über 30 Menschen Arbeit und verlässliche Gehälter.
Gerade weil wir einander kennen, treffen uns die Folgen der Pandemie so hart. Unsere langjährigen Partner vor Ort so leiden zu sehen, die Kinder, mit denen wir noch vor einem Jahr gemeinsam gespielt haben, nun in unsicheren Verhältnissen zu wissen, macht uns Sorge. Aber wir können gemeinsam etwas tun. Helft mit! Erzählt von der Situation vor Ort, entwickelt gemeinsam mit uns kreative Spendenaktionen, mobilisiert Hilfe und Spenden. Wir geben den Dank unserer ugandischen Partner an dieser Stelle gerne an euch weiter. In ihrem letzten Brief schrieb Oberstudienrat Alupa: "Ihr seid unsere einzige Hoffnung. Danke, für die Liebe, die ihr uns schenkt. Ohne euch wüssten wir nicht, wie wir den nächsten Tag überstehen."
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